Diese Technik mit dem besten in Deutschland erhältlichen Gerät wende ich seit dem Seminar mit Herrn Baulmann vor über einem Jahr in der Praxis an – in den US-Leitlinien ist sie schon enthalten:
„Druckmanschette 2.0 – Arterielle Hypertonie: Bessere Therapie dank zentraler Messung?“
Haben Blutdruckmanschetten für die rein periphere Druckmessung bald ausgedient? Insbesondere Patienten mit systolischer Hypertonie oder grenzwertigem Hypertonus könnten von einer am zentralen Blutdruck orientierten Therapie profitieren.
Im zentralen Blutdruck spiegelt sich einerseits die Kontraktion des Herzens, andererseits die Kraft der von der Gefäßsteifigkeit abhängigen, in der Peripherie reflektierten Pulswelle. Bei gefäßgesunden Menschen mit geringer Pulswellengeschwindigkeit ist in erster Linie das Herz für den zentralen Blutdruck verantwortlich. Die reflektierte Pulswelle ist im Pulsdiagramm lediglich als kleine, zweite Welle zu sehen.
Im Alter und bei pathologisch vorgealterten Blutgefäßen, wie sie etwa für Patienten mit Diabetes oder mit Nierenerkrankungen typisch sind, sieht die Situation anders aus: Hier kann die reflektierte Pulswelle den zentralen Blutdruck im Extremfall deutlich nach oben treiben. Die Frage ist, ob dieses in der Physiologie lange bekannte Phänomen für Therapieentscheidungen genutzt werden könnte.
Weniger Medikamente, besseres Echo
Der Kardiologe und Angiologe Dr. Johannes Baulmann vom Klinikum Friedrichshafen ist davon überzeugt: Patienten mit geringgradiger systolischer Hypertonie beispielsweise könnten anhand des zentralen Drucks besser stratifiziert werden. Behandlungsbedarf gebe es vor allem dann, wenn der systolische Hochdruck Folge der Gefäßsteifigkeit ist, weniger dagegen, wenn die Pulswelle in Ordnung ist.
Bei der 7. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie in Berlin diskutierte Baulmann die BP GUIDE-Studie [1], eine Pilotstudie mit 286 Patienten mit Bluthochdruck. Australische Ärzte um Professor James Sharman von der Universität von Tasmanien hatten in dieser Studie in randomisiertem Studiendesign Patienten entweder konventionell behandelt oder aber das Blutdruckmanagement am zentralen statt am peripheren Blutdruck ausgerichtet.
Als Endpunkt wurde die linksventrikuläre Masse gemessen. Diese sei in der Interventionsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe nach einem Jahr relevant abgefallen, so Baulmann. Die Signifikanz wurde zwar knapp verfehlt. Aber: In der Gruppe, in der die Behandlung am zentralen Blutdruck ausgerichtet wurde, konnte die Zahl der Medikamente um etwa ein Fünftel reduziert werden. In der Kontrollgruppe änderte sich dagegen nicht viel. Dieser Unterschied war hoch signifikant (p<0,001).
Muss die arterielle Hypertonie neu definiert werden?
Auch der Anteil der Patienten, bei denen die Medikation abgesetzt wurde, war mit 16% versus 2% signifikant höher (p<0,001). „Die Patienten müssen also weniger Medikamente einnehmen und schneiden trotzdem bei der linksventrikulären Masse möglicherweise besser ab“, so Baulmann. Klar ist, dass diese Ergebnisse erst einmal reproduziert werden müssen. Diese Studien laufen: „Wenn sich das bestätigt, muss die arterielle Hypertonie neu definiert werden.“
Eine entscheidende Frage ist natürlich die nach der Messung des zentralen Blutdrucks im Alltag. Baulmann setzt auf moderne Blutdruckmessgeräte, die so gut auflösen können, dass sie eine Analyse der Pulswelle inklusive der reflektorischen Welle erlauben. Daraus könne der zentrale Blutdruck dann berechnet werden, so der Experte. Erste Studien zur Validierung dieses Ansatzes seien positiv verlaufen.
Literatur
[1] Sharman JE et al. Randomized trial of guiding hypertension management using central aortic blood pressure compared with best-practice care: principal findings of the BP GUIDE study. Hypertension. 2013 Dec;62(6):1138-45. doi: 10.1161/HYPERTENSIONAHA.113.02001. Epub 2013 Sep 23.
publiziert am: 18.9.2015 16:00 Autor: Philipp Grätzel von Grätz Quelle: springermedizin.de basierend auf: Sitzung „Hypertensiologe/-in DHL® Re-Zertifizierung (2), J. Baulmann:Verknüpfung von Hypertonie & Gefäßsteifigkeit“ im Rahmen der 7. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie, Berlin 12.-15. September 2015
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